In den letzten Tagen flatterte den PADI-Profis – also allen Divemastern und Instructoren sowie allen PADI Divecentern – das TBU (Training bulletin Update) des 4. Quartals ins Haus. Und während so manches TBU mehrheitlich Informationen, Änderungen und Klarstellungen enthält, die man eher beiläufig zur Kenntnis nimmt und in seinen Alltag überträgt, gab es dieses Mal einen echten „big bang“.
Denn diesmal geht es um nichts geringeres als um die Neufassung des erfolgreichsten und am weitesten verbreiteten Tauchkurs der Welt: dem PADI Open Water Diver (OWD)-Kurs. Hier die wichtigsten Neuerungen aus meiner Sicht:
Neuer Skill: Das Problem einer gelockerten Flaschenbebänderung im Wasser / unter Wasser lösen. Die Schüler sollen die praktische Erfahrung beim Bewältigen des häufig auftretenden Problems machen, dass sich die Halterung des Tanks lockert. Viele Instructoren die ich kenne haben etwas vergleichbares in der Vergangenheit bereits als „Add-On“ in ihre Kurse integriert, weil es wirklich gerade am Anfang das am häufigsten auftretende Ausrüstungsproblem ist. Schön, dass es nun verbindlich wird.
Neuer Skill: Einsatz einer aufblasbaren Signalboje im Freiwasser. Die Tauchschüler müssen an der Oberfläche eine Signalboje/„Wurst“ aufblasen oder von unter Wasser eine DSMB/Markierungsboje an die Oberfläche lassen. Endlich! Endlich!Endlich!
Neuer Skill: Abwerfen von Bleigewichten im Notfall. Ziel ist es, die Tauchschüler Blei so abwerfen zu lassen, wie sie es in einem echten Notfall tun würden, um sofort positiven Auftrieb zu verspüren. Aus meiner Sicht ein sehr begrüßendswertes Training – wissen wir doch, dass immer wieder nach einem Tauchunfall tot aufgefundenen Taucher ihr Gewichtssystem noch angelegt haben.
Tarierung ist wichtig 1: Die Betonung liegt zukünftig stärker auf dem permanenten Üben der Tarierung und deren Anwendung, indem die Tauchschüler so viele Übungen wie möglich neutral tariert durchführen sollen anstatt auf dem Grund zu knien. Das wird auch in den Materialien für die Tauchschüler entsprechend dargestellt.
Das finde ich mit Blick auf unsere heimische Ausbildungspraxis richtig gut! Dann heute sieht es speziell in Deutschland leider oft so aus, dass Tauchschüler im Pool vor dem Instructor hocken und sich die Demo anschauen, dann die Übungen auf den Knien üben und später alle Skills auf der Plattform hockend im „Freiwasser“ demonstrieren. Der Unterschied zwischen Pool und Freiwasser liegt dann lediglich in der Wassertemperatur, der Sicht und dem Untergrund auf dem man die Leihanzüge kaputt rutscht. Zukünftig muss zwangsläufig mehr Wert auf das Tauchen gelegt werden. Sonst sitzt man in einer Wolke Dreck 🙂
Tarierung ist wichtig 2: Hier speziell bei Abstiegen und Aufstiegen mit Blick auf den Schutz der Umgebung. Zum Beispiel stoppen die Tauchschüler in Confined Water Tauchgang 4 ihren Abstieg, bevor sie einen simulierten, empfindlichen Grund berühren, und sie beginnen ihren Aufstieg, während sie sich neutral tariert über einem simulierten, empfindlichen Grund befinden.
Vielleicht trägt das nicht unerheblich zum Erhalt der von Tauchbeginnern betauchten Unterwasserlandschaften bei. Denn nur zu oft stoppt erst das „Unten Ankommen“ den Abstieg – mit allen damit verbundenen Auswirkungen auf Pflanzen, Korallen, Sedimenten etc. Lets hope for the best…
Natürlich gibt es auch Änderungen, die ich etwas kritisch sehe. So wird zukünftig die Verwendung eines Tauchcomputers durch die Schüler grundsätzlich angenommen und entsprechend im Theorieunterricht berücksichtgt, was meiner Meinung nach dazu führen wird, dass die Schüler ein noch geringeres Verständnis für die gesamte Thematik der Auf- und Entsättigung und deren Bedeutung für den Taucher erlangen werden (wozu auch, wenn man doch den Computer hat). Und das gehört aus meiner Sicht zur taucherischen Allgemeinbildung.
Oder es soll ein „Mini-Tauchgang“ im Pool durchgeführt werden, in dem die Tauchschüler unter anderem die Situationen Krampf im Bein, keine Luft, abblasender Lungenautomat, Maske geflutet oder Trennung vom Buddy simulieren sollen. Das halte ich generell zwar für eine sehr gute Übung, wird aber sicherlich überall dort, wo confined Water (Pool) nur sehr limitiert und vor allem teuer zur Verfügung steht zu sehr kontroversen Diskussionen führen.
Darüber hinaus wird es noch eine ganze Reihe weiterer Veränderungen und Neuerungen und auch einige Änderungen in der Theorie und natürlich bei den Kursmaterialien geben.
Insgesamt zeigt diese Revision des wohl wichtigsten Kurses in der gesamten Tauchbranche und somit auch für PADI mir wieder einmal, dass PADI eine lebendige Organisation ist und bleibt , die aktuelle Strömungen und die Anregungen „aus dem Feld“ aufgreift und in gewohnt professioneller Art und Weise umsetzt. Ich möchte wetten, es dauert nicht lange, bis die neuen Skills wieder zum Standard für viele andere werden. Und auch, wenn es an der einen oder anderen Stelle sicherlich Diskussionen geben wird, ist der neue OWD für mich insgesamt eine neuerliche Bestätigung, dem richtigen Verband anzugehören.
Im kommenden The Undersea Journal (4. Quartal 2013) wird es Artikel geben, die dir Hintergrundwissen und Begründungen für die erfolgten Änderungen bieten. Zum Unterrichten des Kurses in Englisch ist das verbindliche Einführungsdatum der 1. Juli 2014, und sechs Monate nach Erscheinen der Materialien in Deutsch, Französisch, Holländisch, Italienisch und Spanisch im Ersten Quartal 2014 sind diese zu verwenden. Über die Einführungstermine hier bei uns wird PADI EMEA gesondert informieren.
Bezüglich der Materialien für uns Profis ist es so, dass der Open Water Diver Course Instructor Guide und der entsprechende Teil in PADIs Guide to Teaching — „Open Water Diver Course – Durchführung und Empfehlungen für die Fertigkeiten“ ebenfalls revidiert werden. Bis dahin kannst Du entsprechende Ersatzseiten von der PADI Pros’ Seite im Bereich Ausbildung/Curriculum herunterladen.
Werd ich dann jetzt wohl mal machen…